Ein Grammophon oder -fon (von altgriechisch γράμμα grámma „Geschriebenes“ und φωνή phōnḗ „Stimme“, „Laut“, „Ton“) ist ein Gerät zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Tönen, das 1887 von Emil Berliner erfunden wurde (Anmeldung zum Patent: 26. September 1887).
Als reines Abspielgerät war es der mechanische Vorläufer des Plattenspielers. Berliner ließ den Namen Grammophon (im englischen Original Gramophone) gesetzlich schützen; er entwickelte sich indes zum Gattungsbegriff für alle Apparate ähnlicher Bauart. Darüber hinaus prägte Berliner auch den Begriff Schallplatte.
Die scheibenförmigen Tonträger für ein Grammophon waren nicht nur platzsparender als die Walzen eines Phonographen, sondern sie konnten auch leichter als Massenkopie und daher wesentlich kostengünstiger produziert werden. Deshalb prägte Berliners Erfindung über die folgenden Jahrzehnte bis in die 1980er Jahre die gesamte Welt der analogen Tonträger. Dies betrifft nicht nur das Zeitalter der Schellackplatten, sondern ebenso die daran anschließende Vinyl-Ära (Schallplatten aus Polyvinylchlorid (PVC)).
Funktionsprinzip
Das rechte Bild zeigt Emil Berliner mit der Urform seines Grammophons und einer Zink-Schallplatte
10 Jahre vor Berliners Grammophon hatte bereits der Amerikaner Thomas A. Edison seinen Phonographen erfunden – bzw. gleichzeitig zu ihm auch der Franzose Charles Cros ein Gerät, welches er Paléophon nannte und das nach demselben Prinzip mit einer Walze als Tonträger funktionierte.
Berliners Schallplatte bestand ursprünglich aus einer flachen, wachsbeschichteten Zinkscheibe, welche wie die Walzen für Phonographen einzeln hergestellt werden mussten. Zur Aufnahme wurde eine Schalldose über eine Spindel spiralförmig über die Schallplatte geführt. Der durch den Trichter gebündelte Schall bewegte selbst eine Membran, an der wiederum über ein Hebelsystem die Nadel befestigt war. Dadurch wurde im Wachs ein Abbild des Schalls in Form einer Rille erzeugt. In einem Säurebad wurde diese in das Zink geätzt. Das Wachs konnte entfernt werden, die Rille blieb dauerhaft erhalten. Später wurde die Zinkscheibe durch eine Wachsscheibe ersetzt, die abschließend eine feine, elektrisch leitende Schicht aus Graphitpulver erhielt. Von dieser „Mutter“ genannten Schallplatte konnte auf galvanischem Wege per Elektrolyse eine Kopie gefertigt werden. Diese wiederum diente als Matrize zum Pressen von Schallplatten; das waren in der Regel Schellackplatten.
Normale Grammophone waren allerdings, im Gegensatz zum Phonographen, nur für die Wiedergabe der Schallaufzeichnung vorgesehen. Dadurch entfiel die Spindel zur Führung der die Membran enthaltenden Schalldose. Die Nadel wurde durch die Rille selbst geführt. Die gesamte Konstruktion war entsprechend einfacher und kostengünstiger. Zur Wiedergabe des Schalls glitt die Nadel durch die Rille der sich drehenden Schallplatte, wurde durch die Wellenlinie der Rille seitlich hin und her bewegt und übertrug diese Bewegungen wiederum über ein Hebelsystem an die Membran. Diese wirkte wie ein Druckkammerlautsprecher, der nur geringe Schallschnelle erzeugt, was sich in unzureichender Lautstärke äußerte. Zur Verstärkung musste ein Impedanztransformator in Form eines Trichters (Exponentialleitung) eingesetzt werden, der den Schalldruck in Schallschnelle, also Lautstärke umwandelt. Dessen Größe, Material und Form hat neben der Güte der Schalldose entscheidenden Einfluss auf die Wiedergabe-Qualität des Schalls.
Die Schallplatten
Den Beginn der Schallplatten-Vervielfältigung kann man im Jahr 1892 ansetzen, als erstmals von Nickel überzogenen Kupfer-Negativplatten Kopien aus vulkanisiertem Gummi (Hartgummi) gepresst wurden. Schellack wurde ab 1895 als Grundstoff in der Plattenindustrie eingesetzt. Schellackplatten bestehen allerdings nicht hauptsächlich aus der namensgebenden Substanz, sondern vor allem aus einer Mischung von Gesteinsmehl, Kohlenstaub und Tierhaaren. Der Schellack wurde lediglich als Bindemittel eingesetzt. Das Material war ursprünglich für die Herstellung von Isolatoren entwickelt worden.
Die frühesten, noch als Spielzeug konzipierten Schallplatten hatten einen Durchmesser von rund 12 cm. Die ersten regulären Schallplatten (wegen der Markenangabe „Berliner’s Gramophone“ als „Berliner-Platten“ bezeichnet) hatten dagegen einen Durchmesser von 17,5 cm und im übrigen am Anfang noch eine eingravierte Beschriftung anstelle eines Etiketts. Ab 1902 setzte sich die Standardgröße von 25 cm durch (anfangs als „Gramophone Concert Record“ bezeichnet) und wurde kurz darauf durch die 30-cm-Platten ergänzt. Die frühen Platten waren lediglich einseitig bespielt und trugen auf der Rückseite das jeweilige Marken-Symbol, z. B. bei den Platten der Grammophon-Gesellschaft den „schreibenden Engel“. Dies änderte sich erst 1904, als das Unternehmen „International Talking Machine Co.“ mit seiner Marke Odeon erstmals doppelseitige Schallplatten auf der Leipziger Messe vorstellte. Andere Hersteller folgten bis etwa 1908. Allerdings wurden auch danach noch – zum Teil bis in die 1920er Jahre hinein – besonders wertvolle Aufnahmen gelegentlich auf einseitig bespielten Schellackplatten veröffentlicht; vor allem bei längeren Stücken klassischer Musik, die auf mehrere Platten verteilt wurden, ergab es sich mitunter, dass von der letzten Platte nur eine Seite bespielt werden musste und man dann darauf verzichtete, die übriggebliebene Seite mit einem anderen Stück zu füllen.
Antrieb
Der Antrieb erfolgte anfangs von Hand, später durch Federwerke oder Elektromotoren. Letztere kamen aber erst in den 1920er Jahren verstärkt in Gebrauch, weil es vorher noch zu wenige Haushalte mit Anschluss an das Stromnetz gab.
Die Federwerke waren so ausgelegt, dass sie mindestens eine Plattenseite vollständig mit konstanter Geschwindigkeit abspielen konnten. Teurere Geräte spielten auch zwei oder drei Platten, ohne dass sie zwischendurch wieder aufgezogen werden mussten.
Auch Grammophone mit Heißluftantrieb (Stirlingmotor) wurden gebaut. Von diesen Geräten sind heute nur noch wenige erhalten, da sie einerseits aufgrund von Konstruktionsmängeln leicht Feuer fingen, andererseits auch damals schon recht teuer waren und daher nur wenig Verbreitung fanden. Der große Vorteil war, dass viele Platten hintereinander gehört werden konnten, ohne ein Federwerk zwischendurch erneut aufziehen zu müssen. Aus demselben Grund wurden gelegentlich auch Gewichtsantriebe verwendet.
Für den Gleichlauf sorgte ein Fliehkraftregler. Er bot auch die Möglichkeit, die Geschwindigkeit einzustellen. Diese war je nach Größe der Schallplatten und von Fabrikat zu Fabrikat, nicht selten auch unter den Platten desselben Fabrikats, anfangs sehr unterschiedlich. Die ersten „Berliner-Platten“ mussten mit einer Drehzahl von 70 bis 75/min gespielt werden (was entgegen manchen Angaben in der Literatur durchaus für ca. drei Minuten Spielzeit reichte!), die späteren 25- und 30-cm-Platten mit 75 bis 80/min. Die „Standardgeschwindigkeit“ von 78 Umdrehungen pro Minute wurde erst in den frühen 1920er Jahren als Norm vereinbart. Mehrere Hersteller (z. B. „Columbia“ in Großbritannien) blieben auch bis ca. 1930 noch bei 80/min.